Ausstellung
„FLATLANDS (TO BE CONTINUED)“ ist eine Kooperation mit den Klangspuren, für die der Schwazer Künstler die diesjährigen Sujets geschaffen hat. Bekannt vor allem für seine Arbeiten im Bereich der elektronischen Kunst und Robotik, zeigt Rens Veltman in der Galerie erstmals in diesem Umfang auch sein zeichnerisches Werk. Gemeint sind hier Zeichnungen, die er ganz im klassischen Sinne selbst mit der Hand auf A4 Papier mit dünnen Tusche-Gel-Stiften anfertigt, im Gegensatz zu solchen, die eigens von ihm programmierte Roboter, oft direkt auf der Wand, ausführen. In jüngster Zeit sind mehrere Serien entstanden, tägliche Konzentrationsübungen, die die Verbindung zwischen Denken und Zeichnen unmittelbar nachvollziehbar machen. „Zeichnend denkt er“, schreibt Eva Maria Stadler über den Künstler. „In der besonderen Verknüpfung von Hand und Kopf, die nicht nur für die Kunst eine, im buchstäblichen Sinne, entscheidende Kraft darstellt, sucht und findet Veltman eine kompromisslose Form von Unmittelbarkeit“. Darüber hinaus findet er im Zeichnen auch eine Möglichkeit, sich beim Denken zuzusehen und diese Form von Selbstbeobachtung im Verhältnis zu technischen Denkapparaten zu reflektieren. So manifestiert sich in seinen Handzeichnungen die direkte Übertragung eines inneren Impulses in eine äußere Form eher als energetische Spur, denn als expressive Geste. Veltmans Arbeitsweise ist von Anfang an von diesem Changieren zwischen konzeptueller Disziplin und intuitiver Vorgehensweise gekennzeichnet. Das kleine Format bündelt das performative Geschehen, das zwischen den eigenen Gesetzmäßigkeiten der entstehenden Zeichnung und der selbstauferlegten Aufgabe abläuft. Im abstrakten All-over der außergewöhnlich feinen Linien möchte man an Verdichtungen, Überschneidungen und Richtungswechseln Gegenständliches ausmachen. Sicher sein kann man sich dessen aber nicht. Erst die Titel liefern Hinweise zur Bildbestimmung, verschieben die Rezeption des akkumulierten Linienmaterials auf eine gedankliche Ebene. Annähernd parallele horizontale Linien werden jetzt als Wasseroberfläche gesehen. Dreht man das Motiv um 90 Grad, wird daraus ein Wasserfall. Zwar haben diese Zuordnungen die Tendenz sich festzusetzen, aber sie lassen sich durch eine neuerliche Versprachlichung leicht überschreiben. Entsprechend werden etwa die kreisförmigen Anordnungen abwechselnd als Auge, Kuhfladen, Arschloch oder Orkan bezeichnet, wie die durchlaufenden Bildtitel auf kleinen LED Schildern nahelegen. „FLATLANDS“, im Plural, bezieht sich auf die 1884 erschienene Novelle „Flatland: A romance of many dimensions“ des englischen Schriftstellers Edwin A. Abbott, eine satirische Spitze gegen die starre Viktorianische Gesellschaftsordnung. Verschiedene geometrische Figuren leben in unterschiedlichen Dimensionen, wie z. B. im Flächenland, Linienland und im Kugelland. So strikt die Bewohner*innen verschiedener Dimensionen hierarchische Grenzen im eigenen Land einhalten, so wenig können sie sich auf ihnen fremde, unverständliche Ideen einlassen, die sie ganz im Gegenteil vehement ausgrenzen und juristisch verfolgen. Der Erzähler, ein Herr A. Square, landet im Gefängnis. Vor diesem Hintergrund verweist Veltmans Nachsatz „TO BE CONTINUED“ nicht nur auf künftige Ausstellungen, sondern auch auf die bewusste Unabgeschlossenheit seiner Arbeiten, die für ein mehrdimensionales Denken eintreten.
Text: Anette Freudenberger
Foto © Rens Veltman